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Mittwoch, Mai 12, 2010

Gesundheitsportal-Test von Computerbild mit fragwürdigen Experten und Methoden

In der ComputerBILD vom 8.5. wird unter dem Titel "Dr. ZuHouse" Gesundheitsdienste bzw. Portale getestet: "Guter Rat ist teuer? Von wegen: Wer Infos rund um das Thema Gesundheit sucht, wird bei Online-Gesundheitsdiensten wie Netdoktor, Onmeda & Co. kostenlos fündig".

ComputerBild testet dann 6 ausgewählte (die Auswahl wird nicht transparent warum gerade diese) Gesundheitsdienste mit einem umfangreichen Katalog. Und das sind die Testergebnisse:

1. Platz: www.imedo.de, befriedigend 3,33
2. Platz: www.apotheken-umschau.de, befriedigend 3,47
3. Platz: www.lifeline.de, befriedigend 3,48
4. Platz: www.netdoktor.de, ausreichend 3,68
5. Platz: www.qualimedic.de, mangelhaft 4,51
6. Platz: www.gesundheit.de, mangelhaft 4,68

Onmeda wurde aufgrund der Zugehörigkeit zur Axel Springer AG im TEST wegen Befangenheit (ComputerBILD gehört auch zu Axel Springer) nicht getestet.
Löblich, das erzeugt beim Leser ein Gefühl von Seriosität. Ebenso wie die wichtige und absolut richtige Warnung vor sorglosem Umgang mit privaten Daten.

Diese Warnung hätte ComputerBild auch auf den sorglosen Umgang mit dem Experten Prof. Hademar Bankhofer ausdehnen müssen: Denn im Gesundheitswesen gibt es viele selbsternannte Experten, die nicht unbedingt repräsentativ für den aktuellen Stand der Medizin oder gängige Expertenmeinungen stehen. Und gerade im Gesundheitswesen ist die Beurteilung von Richtig und Falsch sehr diffizil.
Jedenfalls ist es eine statistisch sehr fragliche Methode, die Qualität von Gesundheitsdiensten aufgrund von zwölf Testfragen zu beurteilen. Noch fragwürdiger wird es, wenn die Hälfte des Fachbeirats (der Fachbeirat besteht nur aus 2 Personen) zur Beurteilung von "Richtig" und "Falsch" aus "Prof." Bankhofer besteht, der in der wissenschaftlichen Medizin sehr umstritten ist. Siehe dazu auch eine ausführliche Darstellung in der Wikipedia.
Ganz offensichtlich werden die Neben-Interessen des Experten Bankhofers bei den Empfehlungen im Artikel zu "Nützliche Gesundheitsseiten im Internet": Nicht nur, dass eines (auch international) der anerkanntesten (weil methodisch sehr aufwändig arbeitenden) Informationsportale wie http://www.gesundheitsinformation.de/ nicht erwähnt werden. Nein, auch ein auf den ersten Blick für Kenner der Materie verwirrendes Portal hat es in die Empfehlungsliste geschafft: www.gesundheit-info.de . Im Impressum heißt es dort "sanitas - biologische Nahrungsergänzungs- und Heilmittel GmbH & Co. KG". Unter den nützlichen Gesundheitsseiten ist also ein Shop für Nahrungsergänzungsmittel? Wie kann das sein?
Man muss nicht lange suchen, um einen Zusammenhang zu finden: Auf der Webseite http://www.pamcitric.ch/index1.html steht:
"Hademar Bankhofer hat Grapefruitkernextrakt ausführlich in einer Sendung der Reihe „Spektrum Gesundheit" vorgestellt. Bücher wurden verfasst (und mittlerweile in zahlreiche Sprachen übersetzt,so dass CitroBiotic® auch im europäischen Ausland immer mehr begeisterte Verwender findet. Eine kleine Auswahl finden Sie auch auf der Homepage des Herstellers sanitas."
Die Inhalte auf http://www.sanitas.de/ kommen seltsam bekannt vor, denn dies ist offensichtlich nur ein anderer Domänenname für http://www.gesundheit-info.de/ ist und inhaltlich identisch.

Nebenbei bemerkt hat erstmals in einem deutschsprachigen Gesundheitsportaltest ein Web2.0-Portal (www.imedo.de) gewonnen. Nutzerempfehlungen sind im Sinne der Schwarmintelligenz (bei einer genügend großen Anzahl) in der Tat recht zutreffend. Wichtig dafür aber große ECHTE Nutzerzahlen, damit sogenannte U-Boot-Patienten, die beispielsweise von der Pharmaindustrie bezahlt werden und sich in diesen Portalen tummeln und zum Teil sehr fragwürdige Meinungen vertreten nicht mehr ins Gewicht fallen.

Ein kurzer Blick auf www.imedo.de z.B. zum Thema "Asthma bronchiale". Dort findet sich keinerlei Hinweis auf die "Nationalen Versorgungsleitlinien Asthma" oder auf das "Stufenschema". Alles beides wichtige Stützen der Schulmedizin in Deutschland. Dafür sehr ausgewählte Hinweise zu möglichen Therapien wie z.B. "Foster Spray" von denen einige (aufgrund von sehr wenigen (2-3) Nutzerhinweisen) mit "hillft zu 100%" bewertet werden.

Zweiter Versuch "Diabetes". Hier wird als Therapie immer noch Acarbose (hilft zu 100%) empfohlen, das nach wie vor als nicht wirksam gilt (Quelle: Arzneimitteltelegramm)


Das und die Empfehlung eines Nahrungsergänzungsmittelsportals kann nicht die Beratung sein, die man guten Gewissens empfehlen kann. Bisher waren die ComputerBild-Tests von Gesundheitsportalen eigentlich ganz ordentlich, diesmal hatte man aber mit der Auswahl des Experten wohl kein glückliches Händchen.